Sonntag, 1. Januar 2012

Platte des Monats
*Juli*
kante
die tiere sind unruhig

Kante rocken. Ausgerechnet die einstigen Postrocker! Hamburgs intelligente Grenzgänger zwischen Artpop und Jazz veröffentlichen mit ihrer vierten Platte ein fettes Gitarrenalbum. Den Perfektionismus der früheren Produktionen haben sie fahren lassen und stattdessen die Songs live im Studio aufgenommen. Doch keines der sieben zwischen sechs und zehn Minuten langen Stücke klingt hingerotzt. Und mindestens drei Songs haben mit Rock herzlich wenig zu tun: Das Instrumental "Ducks and Daws" verweist auf die jazzigen Momente von "Zombi"; der für Kante sicherlich ungewöhnlichste Song "Die größte Party der Geschichte" mäandert zwischen Dub und Reggae, und als finaler Höhepunkt übt sich "Die Hitze dauert an" in orchestralem Pop. Den Rest kann man Rock nennen, in vielen Momenten auch Gitarrenpop - doch von bahnbrechendem Wandel sollte man nicht sprechen, schließlich haben Kante schon mit Songs wie "Die Summe der einzelnen Teile" oder "Zombi" in ähnlichen Gewässern gefischt. Spektakulärer sind da schon die Veränderungen bei den Texten. Statt eines Konzeptalbums liefert der großartige Schreiber Peter Thiessen diesmal Themenvielt: die spürbaren Anzeichen von Veränderung, Lobgesang auf unvollkommene Liebe, Sex in einer langen Beziehung und die Notwendigkeit von Zweifeln. Letztlich ist es auch egal, wie man das neue Kante-Album labelt - eine bessere Platte wird dieses Jahr in Deutschland wohl nicht erscheinen.
kulturnews.de

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